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Warum Achtsamkeit praktizieren?

In seinem Buch „Im Alltag Ruhe finden“ beschreibt der Begründer der MBSR-Kurse Jon Kanat-Zinn Achtsamkeit so:

„Achtsamkeit bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Diese Art der Aufmerksamkeit steigert das Gewahrsein und fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren. Sie macht uns die Tatsache bewusst, dass unser Leben aus einer Folge von Augenblicken besteht. Wenn wir in vielen dieser Augenblicke nicht völlig gegenwärtig sind, so übersehen wir nicht nur das, was in unserem Leben am wertvollsten ist, sondern wir erkennen auch nicht den Reichtum und die Tiefe unserer Möglichkeiten zu wachsen und uns zu verändern … Achtsamkeit ist eine einfache und zugleich hochwirksame Methode, uns wieder in den Fluss des Lebens zu integrieren, uns wieder mit unserer Weisheit und Vitalität in Berührung zu bringen.“

Die Grundhaltung der Achtsamkeit können wir also so beschreiben:  Du bist aufmerksam auf den gegenwärtigen Moment, nimmst Sinneseindrücke, Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle – angenehme, neutrale und unangenehme – wahr und bist dir dessen bewusst.

Was Achtsamkeit ist und welchen Nutzen sie hat, wird noch deutlicher, wenn wir konkrete Beispiele anschauen.

Achtsames Atmen: Konzentriere dich auf deinen Atem. Nimm bewusst wahr, wie die Luft in deinen Körper einströmt und ihn wieder verlässt. Dies kannst du überall und jederzeit praktizieren, um im Moment präsent zu bleiben. Wir atmen unser ganzes Leben lang. Von der Geburt bis zum Tod. Und es gibt viele Möglichkeiten, achtsam zu atmen. Zwei hast du am Anfang erfahren

Achtsames Atmen hat großen Nutzen:

  • Stressreduktion: Achtsames Atmen kann zu einer Reduktion des allgemeinen Stressniveaus führen. Aktivierung des parasympathischen Nervensystems: Durch bewusstes Atmen wird das parasympathische Nervensystem aktiviert, das für Ruhe und Erholung zuständig ist.
  • Reduktion von Angst und Depression: Studien haben gezeigt, dass regelmäßige Praxis des achtsamen Atmens Angst- und Depressionssymptome mindern kann.
  • Steigerung des Wohlbefindens: Achtsames Atmen kann das allgemeine Wohlbefinden und die Zufriedenheit erhöhen, indem es hilft, negative Gedanken und Gefühle zu regulieren.
  • Verbesserte Konzentration: Achtsames Atmen verbessert die Fähigkeit, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, was zu einer gesteigerten Produktivität und Effizienz führen kann.
  • Klarheit und Fokus: Es hilft, den Geist zu klären und den Fokus auf die aktuellen Aufgaben und Erlebnisse zu richten.
  • Das stimmt zum Beispiel für die Übung zyklisches Seufzen. Andrew Huberman und Daniel Spiegel von der Stanford Universität haben das in einer Studie an der Stanford-Universität herausgefunden. Über einen Zeitraum von einem Monat bei einer täglichen Übung von 5 Minuten verbesserte sich die Stimmung der Teilnehmenden signifikant. Außerdem wurde ihr normaler Atem ruhiger und langsamer, was zu einer besseren Stimmung führt.
  • Außerdem unterstützt achtsames Atmen alles anderen Aspekte der Achtsamkeit. Es ist die Grundübung der Achtsamkeit.

Ein anderes Beispiel ist achtsames Gehen: Gehen ist ganz alltäglich. Während du gehst, konzentrierst du dich auf die Empfindungen in den Füßen, wenn sie den Boden berühren und sich von ihm abheben. Du merkst den Druck, die Veränderung der Balance. Du kannst das Gehen mit dem Atem synchronisieren. Zum Beispiel beim Einatmen zwei Schritte und beim Ausatmen ebenfalls zwei Schritte. Du kannst auch die Umgebung bewusst wahrnehmen: Geräusche, Gerüche, Kälte und Wärme und visuelle Eindrücke.

Was du auch im alltäglichen Leben einüben kannst ist achtsames Bewegen: Sei dir jeder Bewegung deines Körpers bewusst, sei es beim Strecken, Bücken oder Anheben von Gegenständen. Dies hilft, den Körper zu spüren und sich im Moment zu verankern.

„Achtsamkeit bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Diese Art der Aufmerksamkeit steigert das Gewahrsein und fördert die Klarheit sowie die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren.

Sie macht uns die Tatsache bewusst, dass unser Leben aus einer Folge von Augenblicken besteht. Wenn wir in vielen dieser Augenblicke nicht völlig gegenwärtig sind, so übersehen wir nicht nur das, was in unserem Leben am wertvollsten ist, sondern wir erkennen auch nicht den Reichtum und die Tiefe unserer Möglichkeiten zu wachsen und uns zu verändern …“

In dieser Beschreibung kommt noch ein anderer wichtiger Aspekt vor: Nicht-Bewerten. Was bedeutet das? Wenn du zum Beispiel etwas riechst, was dir unangenehm ist, entsteht vielleicht Ekel und Abwehr. Heißt „Nicht-Bewerten“, dass solche Gefühle nicht entstehen dürfen? Ganz im Gegenteil. Ein solches Verbot ist ein gutes Beispiel für eine Bewertung: „Du darfst solche negativen Gefühle nicht haben!“. Nicht-Bewerten heißt, alles wahrzunehmen und zuzulassen, wie es im gegenwärtigen Moment ist. Auch diese negativen und Gefühle und Gedanken. Du nimmst sie wahr, lässt sie zu aber identifizierst dich nicht mit ihnen. So reduzierst du ihre Wirkung. Du siehst deine eigenen Gedanken und Gefühle klarer. Das kann dir helfen, deine inneren Prozesse besser zu verstehen und ruhiger zu werden.

Weniger Bewerten kann auch die zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern. Es kann zu mehr Empathie und Verständnis für andere führen.  Du wirst offener für andere Perspektiven

Das führt manchmal zu einem Missverständnis: Achtsamkeit heißt also, alles so zu lassen, wie es ist und nichts zu verändern. Ja, das stimmt, aber nur für den gegenwärtigen Moment. Wenn du jetzt etwas Unangenehmes riechst, das ist das so. Und wenn du das jetzt eklig findest, ist das auch so. Es ist die Erfahrung des gegenwärtigen Moments, der so ist, wie er ist. Aber im nächsten Moment oder bald kann das schon anders sein. Und je genauer und umfassender du den gegenwärtigen Moment wahrnimmst, desto eher kannst du dich so verhalten, dass sich eine Situation ändert. Aber den gegenwärtigen Moment ändern zu wollen, ist vergebene Liebesmühe. Und kostet nur Energie. Achtsamkeit ist also auch die beste Voraussetzung dafür, ungewollte Situationen zu ändern.   

Noch zwei weitere Beispiele:

Achtsames Essen: Du konzentrierst dich ganz auf das Essen. Du bemerkst Hunger und Sättigung. Du schaust nicht zwischendurch aufs Smartphone oder liest. Du nimmst dir einen Moment Zeit, um dankbar zu sein für das Essen und die Mühe wertzuschätzen, die Menschen für die Herstellung und Zubereitung des Essens aufgebracht haben. Du achtest auf Aussehen, Textur, Geruch und Geschmack der Nahrung. Du nimmst die Zeit für jeden Bissen, kaust gründlich, damit sich der Geschmack entfalten kann. Du legst kleine Pausen ein zwischen den einzelnen Bissen.

Achtsames Zuhören: Wenn es möglich ist, stellst du sicher, dass du dich möglichst wohlfühlst und nicht abgelenkt wirst. Du richtest deine volle Aufmerksamkeit auf den Sprecher oder die Sprecherin, du kannst Augenkontakt herstellen, wenn das hilfreich ist. Gelegentlich kannst du verbale Bestätigungen geben wie „Ja“, „verstehe“ usw. ohne Übertreibung. Du lässt dich mental auf das ein, was der Sprecher oder die Sprecherin sagt, unterbrichst nicht und gibst Zeit.

All das will eingeübt sein. Darum ist es gut, regelmäßig zu üben. Achtsames Atmen, Gehen, Bewegen, Essen, Zuhören.  

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