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Resilienz und Achtsamkeit

Was ist Resilienz?

Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit von Menschen, Krisen in ihrem Leben unter Rückgriff auf eigene Ressourcen zu meistern und als Anlass für eine eigene Entwicklung zu nutzen.

Warum interessiert mich Resilienz?

Ich bin vor einem guten Jahr in den Ruhestand getreten. Jetzt habe ich Zeit, zurückzuschauen, mein Leben anzuschauen.  Meine kleinen und größeren Krisen. Mich interessiert, wie ich sie bewältigt habe, welche Rolle die Achtsamkeit dabei gespielt hat und was ich noch für die Zukunft lernen kann. Weil auch euer  Leben wahrscheinlich nicht krisenfrei ist, denke ich: das kann euch auch interessieren.

Über Resilienz

Im Internet habe ich einen Vortrag von Christina Berndt zum Thema Resilienz gehört. Sie ist Bierchemikerin und seit fast 20 Jahren Redakteurin im Ressort „Wissen“ der Süddeutschen Zeitung. Schon 2015 Buch über Resilienz geschrieben (Berndt 2017). Es wurde ein Bestseller und bis jetzt in zwölf Sprachen übersetzt. Das Buch ist angenehm zu lesen und informativ. Darum kann ich es sehr empfehlen, genau wir den Vortrag.

Aber zurück zur Resilienz, also der Fähigkeit von Menschen, Krisen in ihrem Leben unter Rückgriff auf eigene Ressourcen zu meistern und als Anlass für eine eigene Entwicklung zu nutzen.

Ein resilienter Mensch

Christina Berndt erzählt ein paar berührende Geschichten von resilienten Menschen. Zum Beispiel von einem Mann, der nach einem Kopfsprung von einer Klippe im Urlaub in Spanien vom zweiten Halswirbel abwärts gelähmt ist. Er kann sprechen und schlucken, die Stirn runzeln, mit den Augen zwinkern und mit den Ohren wackeln. Aber das ist schon alles. Über den Rest seines Körpers hatte keine Kontrolle mehr. Bei einem Aufenthalt im Münchner Universitätsklinikum Großhadern wegen einer Lungenentzündung spricht er mit einem Arzt. Der erwartet einen verzweifelten, hochdepressiven Menschen ohne Lebensmut. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Patient hat Angst, jemand anders könnte ihm gegen seinen Willen das Leben nehmen. Aber er genieße sein Leben – trotz allem. Er fühle sich wohl. Kurz nach dem Unfall habe er an Selbstmord gedacht, erzählt er. Aber nach wenigen Monaten habe er sich sein Leben so eingerichtet, dass er sie wieder Freude bereite. Er genieße die vielen Hörbücher, die er abspielen könne. Er genieße es, jeden Tag Neues zu erfahren. Er habe Freude am Essen. Keine Frage: wenn er wählen könnte, würde er diesen dummen Kopfsprung von damals ungeschehen machen. Aber darüber denke er schon lange nicht mehr nach. Er sei eben jung gewesen damals. Junge Männer machen dummes Zeug.

So ist Resilienz

Die Geschichte illustriert gut, was mit Resilienz gemeint ist. Resilienz sein heißt, „dass man gegen ungünstige Bedingungen erfolgreich angeht, sich durch sie hindurch kämpft, aus den Widrigkeiten lernt und darüber hinaus versucht, diese Erfahrungen in das Gewebe seines Lebens zu integrieren.“ Also bedeutet Resilienz nicht mentale Unverwundbarkeit. Aber „die Wunden heilen verhältnismäßig schnell.“

Warum sind manche Menschen resilienter als andere?

Die Autorin berichtet im ersten Teil ihres Buches, was darüber heute bekannt ist. Der Begriff wurde in den 1950 er Jahren von dem US-amerikanischen Psychologen Jack Block geprägt. Seitdem beschäftigen sich viele Psycholog*innen mit diesem Thema. Heute vertritt die Wissenschaft die Auffassung, dass die Resilienz eines Menschen von mehreren Faktoren abhängt. Erstens von der genetischen Disposition. Zweitens von der Sozialisierung, besonders in der Kindheit. Aber drittens lässt sie sich in jedem Lebensalter weiterentwickeln. Das bedeutet, dass auch wir, die wir hier heute Abend zusammensitzen, unsere Resilienz stärken können. Eine gute Nachricht. Das lohnt sich in jedem Fall. Krisen gehören zum Leben. Und selbst wenn wir mit einer Krise gut umgehen können, kann das bei anderen Krisen ganz anders sein. Auch das zeigt die Forschung.

Zehn Wege zur Resilienz

Ich habe in dem Buch von Christina Berndt geschaut, welche Haltungen für die Resilienz wichtig sind. Dabei bin ich auf die zehn Wege zur Resilienz gestoßen. Eigentlich habe ich sie wiederentdeckt. Sie hingen jahrelang über meinen Schreibtisch, nachdem ich sie in einem Spiegel-Artikel gelesen hatte. Das sind sie

  • Baue soziale Kontakte auf.
  • Halte Krisen nicht für unüberwindbar.
  • Akzeptiere Veränderungen als elementaren Teil des Lebens.
  • Versuche, eigene Ziele zu erreichen.
  • Handle entschlossen!
  • Eröffne dir die Möglichkeiten, eigene Fähigkeiten zu entdecken.
  • Entwickle ein positives Selbstbild.
  • Betrachte die Dinge aus einem realistischen Blickwinkel.
  • Bewahre eine hoffnungsvolle Haltung.
  • Sorge für dich und sei achtsam.

Die Rolle der Achtsamkeit und Meditation

Bei der Entwicklung dieser Haltungen hilft uns das Achtsamkeitstraining und die Meditation. Es folgen ein paar Anregungen, wie das geschehen kann. Ich lade dich ein, nach unserem Abend diese kleine Liste noch einmal für dich selbst zu bedenken. Schau mal, was du entwickeln möchtest. Überlegt mal, wie die Achtsamkeit dir dabei helfen kann.

Die Wirkung der verschiedenen Übungen

Achtsamkeitsübungen haben eine große Bandbreite. Grundlegend ist die Achtsamkeit auf den Atem. Damit eng verwandt sind andere Aufmerksamkeit Meditationen.  Zum Beispiel Aufmerksamkeit auf Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle oder das Gehen. Wir erfahren dabei im kleinen, dass Veränderungen ein elementarer Teil des Lebens sind und das Krisen nicht unüberwindbar sind.  Dabei üben wir wahrzunehmen ohne zu bewerten. Das hilft uns, soziale Kontakte aufzubauen und die Dinge aus einem realistischen Blickwinkel zu sehen. Eine andere Meditationsform verwendet Visualisierungen. Heute habe ich die Bergmeditation angeleitet. Zur Resilienz prägt sehr bei, wie du dich selbst siehst und wie du die Welt siehst. Darauf hast du einen Einfluss. Das kannst du einüben. Mit solchen Visualisierungsübungen. Die Bergmeditation kann dir helfen, ein positives Selbstbild zu entwickeln und eine hoffnungsvolle Haltung zu bewahren. Eine andere wichtige Visualisierungsübungen ist die Mitgefühlsmeditation. Darin entwickeln wir ein positives Verhältnis zu uns selbst zu den anderen Menschen. Die kann zu einem positiven Selbstbild und zum Aufbau sozialer Kontakte beitragen. Schließlich gibt es viele Achtsamkeitsübungen im Alltag. Achtsame Kommunikation für soziale Kontakte.  Achtsames Essen als Beitrag zur Selbstfürsorge.

Einladung zum Üben

Es ist schön, dass wir bis zum Ende unseres Lebens diese Entwicklungsmöglichkeiten haben. Wir können das erreichen, indem wir es einüben. Nur so verändern sich die Strukturen im Gehirn so, dass wir resilienten werden. Darum ermutige ich euch alle und mich selbst, regelmäßig zu üben.

Literatur

Berndt, Christina. 2017. Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft; Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out. ungekürzte Ausgabe, 6. Auflage. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.