Anime Figure Tokyo 2018 20

Der innere Kritiker

Der innere Kritiker macht vielen von uns das Leben schwer. Mir auch. Achtsamkeit kann uns helfen, mit den vielen inneren Kritikern besser umzugehen. Das habe ich aus dem Buch „Rote Karte für den inneren Kritiker“ von Jochen Peichl gelernt. Dieser Beitrag lehnt sich stark an das Buch an. Manches ist wörtlich übernommen. Ich empfehle das Buch sehr. 

Was ist der innere Kritiker?

Eine innere Stimme, die alles negativ kommentiert, was wir tun und sagen und verhindert, dass wir Mitgefühl für unsere Schwächen und Fehler haben. Jochen Peichl nennt diese Typen. Schau mal, ob du damit etwas anfangen kannst.

Der Kontrolleur

„Du bist nur OK, wenn du immer stark und unangreifbar bist.“ Aufgabe: uns vor Scham und Zweifel zu schützen.

Der Perfektionist

„Keine Leistung ist gut genug, dass sie nicht noch besser sein könnte.“ Ständiges Streben nach Fehlerlosigkeit und höchstem Einsatz. Seine Rolle ist es, Risiken im Leben zu vermeiden sowie uns vor Fehlern und Schuldgefühlen zu schützen.

Der Antreiber

Er sagt: „Beeile dich, du kannst noch mehr schaffen!“ Er macht alles schnell und viele Dinge zur gleichen Zeit. Nicht Sorgfalt und Qualität stehen im Vordergrund, sondern stolz, dass alles erledigt wurde. Er versucht, das Gefühl von Minderwertigkeit um jeden Preis zu vermeiden.

Der Allen-Recht-Macher

Er geht auf die Wünsche und Vorstellungen anderer gerne und bereitwillig ein und versucht zu erraten, was den anderen gerade herumtreibt. Er schützt sich so vor der Angst, verlassen zu werden und alleine zu sein in einer Welt, die ihn ängstigt.

Der Be- und Verurteiler

Er vermittelt: so wie du bist, bist du wertlos, enttäuschend und nicht liebenswert. So versucht er, jeder Art von seelischem Missbrauch durch andere zuvorzukommen, in dem er innerlich so attackiert, bis unsere Lust auf lebendig-Sein vergangen ist.

Wie entstehen innere Kritiker und welchen Sinn haben sie?

Das Team der inneren Kritiker hatte seine Maßstäbe bezüglich der Frage, was richtig und was falsch ist, und unseren Eltern und unseren Erziehung Personen gelernt. Alles, was jetzt innen ist, war deshalb einmal außen. Der innere Kritiker hat vor allem beißende Schuld- und Schamgefühle benutzt, um uns zu helfen, uns angepasst im Sinne der Moralvorstellungen der anderen, von denen wir abhängig waren, zu verhalten. Das hat uns einerseits davor bewahrt, ständig anzuecken und ausgegrenzt zu werden. Andererseits wurden dadurch auch unsere Spontanität und unsere Lebendigkeit massiv beeinträchtigt.

Einen Kritiker im Inneren aufzubauen, ist ein (zu früherer Zeit hochkompetenter) Lösungsversuch für berechtigte Wünsche und Sehnsüchte des Kindes – letztlich für den Wunsch geliebt, geschützt und bestätigt zu werden. Hinter jedem inneren Kritiker ist ein verletzter Kindanteil zu vermuten, den der Kritiker als Wächter schützt. Zuerst die Wunde des Verletzten Kindes, dann das Pflaster des inneren Kritikers.

Wen meinen die inneren Kritiker?

Achtsamkeit zeigt: wir sind als erwachsene Person gar nicht gemeint. Gemeint ist unser inneres Kind. Ein Anteil, der vor den inneren Kritikern entstanden ist. Die kindliche Lösungsstrategie: wenn ich tue, denke usw., was sie wollen, werden sie mich liebhaben. Auch der kindliche Teil in mir, der Angst vor Liebes- und Bindungsverlust, vor Beschämung usw. hat und den Wunsch nach bedingungsloser Liebe, überdauert. Dieser Anteil kann sich oft nicht selber helfen und greift auf die inneren Kritiker zurück. Aber was ursprünglich als Schutz gedacht war, entpuppt sich jetzt oft als Zerstörer. Innere Kritiker sind nämlich festgefroren in der Zeit, in der sie entstanden sind. Sie denken wie Kinder, die versuchen, durch maximale Anpassung in einer feindlichen Umwelt zu überleben – weil sie von denen, die sie kritisieren, abhängig sind. Aber diese Strategie hat heute einen hohen Preis. Mit dem Kontrolleur, Perfektionist, Antreiber, Allen-Macher, Be- und Verurteiler zu leben, ist extrem anstrengend und kann die Lebendigkeit und Lebensfreude sehr reduzieren.

Dis-Identifikation: eine achtsame Lösung

Als Erwachsene können wir lernen, das verletzte Kind und die Kritiker als innere Gestalten aus der Vergangenheit wohlwollend und mitfühlend wahrzunehmen, ohne uns mit ihnen zu identifizieren.

Wir können uns sagen:

  • die Idee, dass ich ein Versager, Idiot oder was auch immer bin, ist nicht die Wahrheit über mich. Sie kommt von einem Teil in mir, der mich angreift und mich ursprünglich schützen wollte.
  • diese Vorstellungen von mir sind nur Vorstellungen.

Wir greifen auf zwei grundlegende Sätze aus der Meditation zurück:

  • ich kann meine Gedanken beobachten, deshalb bin ich mehr als meine Gedanken.
  • Ich kann meine Gefühle beobachten, also bin ich mehr als meine Gefühle

Es ist gut, dafür den Wunsch loszulassen, für den Mangel an Liebe, Aufmerksamkeit, Zuwendung, Verständnis usw. in der Kindheit rückwirkend entschädigt zu werden.

Dis-Identifikations-Übung

Schließe deine Augen und stell dir den inneren Kritiker, mit dem du arbeiten möchtest, als eine Gestalt vor. Am besten keine reale Person. Besser eine Fantasiegestalt oder eine Figur aus Märchen, Kino, Comic usw. Was ist noch einmal seine Lieblingstirade? Wieder klar vor deinem inneren Auge? Wie fühlst du dich ihm gegenüber? Klein und verängstigt? Das kann heißen: du bist mit dem inneren verletzten Kind identifiziert. Denn nur dieses Kind hat Grund, sich vor seinen ätzenden Angriffen zu fürchten. Nicht du, als Erwachsene. Dann distanziere dich freundlich. Stell dir als Erwachsene das Kind vor, dass die Angriffe als Verletzung erlebt und sich fürchtet. Stell dir auch den Kritiker vor, der versucht das Kind zu beschützen – aber das ist für das Kind schwer zu begreifen. Sei dabei neutral bis wohlwollend.

Und jetzt kannst du dein inneres Kind an einen Wohlfühlort bringen, an dem es sicher ist.

Der Wohlfühlort

Dieser Ort kann auf der Erde sein, aber er muss es nicht. Er kann in deiner Vorstellung überall sein, auf einem fernen Planeten, tief unter Wasser oder gleich nebenan. Es kann ein realer Ort sein, an dem du schon einmal warst, oder ein Ort der Fantasie.

Ich möchte dich dazu einladen, jetzt in deiner Vorstellung an diesen Ort zu gehen.

Stell dir vor deinem inneren Auge vor, wie dieser Ort aussieht. Wichtig ist, dass es ein Ort ist, an dem du dich völlig geborgen fühlst. Lass dir dabei genügend Zeit und verändere alles, was du siehst, so lange, bis es nur gut für dich ist.

Deine Vorstellungskraft ist eine Art Zauberkraft, der keine Grenzen gesetzt sind. Du kannst alles so gestalten, wie du es gerne hättest.

Geh auch die anderen Sinnesqualitäten durch. Überprüfe, ob das, was du hörst, riechst und schmeckst, nur angenehm für dich ist. Verändere alles so lange, bis du nur noch angenehme Klänge hörst, es angenehm riecht und du köstlich schmeckst. Ist die Temperatur passend, ist das Licht an dem Ort angenehm? Entspricht sie deinen Bedürfnissen? Wenn nicht, dann verändere sie, bis alles angenehm ist.

Wenn du möchtest, kannst du diesem Ort eine Begrenzung geben, damit du die Gewissheit hast, dass du die volle Kontrolle darüber hast, welche Wesen an diesen Ort gelangen können. Du kannst dir alles vorstellen, um deinen Ort des Wohlfühlens sicher zu machen. Es kann aber auch ein Ort ohne Grenzen sein. Entscheide also, ob du eine Grenze brauchst oder nicht.

Prüf noch einmal, ob an deinem Wohlfühlort alles stimmig ist, und dann lass ihn noch einmal auf dich wirken. Fühle, wie es dir guttut, da zu sein und dich in Sicherheit zu fühlen.

Nimm dir noch einen Moment Zeit, diesen Wohlfühlort noch einmal auf dich wirken zu lassen, und komm anschließend wieder ins Hier und Jetzt zurück.